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Industrialisierung und Fischzucht: Unterer und Oberer Kählisbühlweiher im Altdorfer Wald
Text: Dr. Lutz Dietrich Herbst, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart, Esslingen/Neckar 2021
Schon immer gehört Fisch zu den Eiweißträgern menschlicher Ernährung. Bis zum 18. Jahrhundert erlaubten die hohen Erlöse aus dem Fischverkauf den Betrieb zahlreicher Weiher. Dann aber entdeckte die Bevölkerung Oberschwabens Getreidespeisen als billigere Alternative. Außerdem waren Mus und Brot leichter zuzubereiten und als Mahlzeit schneller verfügbar. Deshalb wurden in der Blütezeit des Barock zahlreiche Fischweiher in Oberschwaben aufgegeben.
Mitte des 19. Jahrhunderts brach jedoch mit der Industrialisierung Weingartens und Ravensburgs eine neue Zeit an. Fischeiweiß wurde als wertvoller Bestandteil der Arbeiterernährung neu entdeckt. Gleichzeitig verringerte die Entdeckung der künstlichen Befruchtung von Fischen entscheidend frühere Verluste an Fischbrut. Neue Kühltechniken vereinfachten die Verarbeitung, Lagerung und Verkauf des Fleisches.
1898 ertüchtigte deshalb das damalige Forstamt Weingarten die Dämme früherer Weiher in den an Quellen reichen Kähliswiesen. Der neue Obere Kählisbühlweiher diente als Laichweiher für Karpfen bis zum 2. Lebensjahr. Der Untere Kählisbühlweiher nahm als Abwachsweiher die zweijährigen Karpfen auf. Diese wurden ausschließlich mit Getreide gefüttert. So wuchsen Speisekarpfen heran, deren Größe und Qualität nach ihrer weiteren Umsetzung in den Rößlerweiher die Fischhändler überzeugte.
Heute wird der Untere Kählisbühlweiher durch den Forstbezirk Altdorfer Wald/ForstBW bewirtschaftet. Dabei geht es nicht um wirtschaftlichen Gewinn, sondern um die Aufrechterhaltung der Weihertradition mit sehr großem Nutzen für Natur- und Artenschutz.