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Der Biber (Castor fiber)
Lebensweise
Biber gehören als Nagetiere zu den Säugetieren. Sie können bis zu 130 cm lang werden und wiegen 20–30 kg. Biber ernähren sich rein vegetarisch und sind hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Sie halten keinen Winterschlaf und werden bis zu 15 Jahre alt.
Biber sind monogam und gehen eine lebenslange Partnerschaft ein. Sie leben in Familien, die üblicherweise aus dem Elternpaar und den beiden jüngsten Jahrgängen von Jungtieren bestehen. Mit zwei Jahren werden die Jungtiere geschlechtsreif und müssen die Familie verlassen.
Das Verschwinden des Bibers
Der Biber wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Baden-Württemberg – wie in fast ganz Europa – durch die Jagd ausgerottet. Damals waren Biber vielseitig nutzbar, ob für wärmende Mäntel und die Hutherstellung oder als Nahrungsmittel in der Fastenzeit. Die katholische Kirche erklärte den Biber nämlich aufgrund seines beschuppten Schwanzes und der amphibischen Lebensweise zum Fisch. Zusätzlich zählte das Bibergeil, das Drüsensekret, das der Biber zur Markierung seines Reviers nutzt, als Wunderheilmittel. Es enthält in geringen Spuren den Schmerzwirkstoff Salicylsäure und wurde teuer verkauft. Seit 1990 wandert der Biber über die Donau wieder in seinen alten Lebensraum im Regierungsbezirk Tübingen ein. Er breitet sich dort solange weiter aus, bis alle potenziellen Reviere besetzt sind.
Schutzstatus
Der Biber ist eine streng geschützte Art und wird in der FFH-Richtlinie der EU aufgeführt. Das Bundesnaturschutzgesetz (§ 44 BNatSchG) verbietet es, dem Biber nachzustellen, ihn zu fangen, zu verletzen, zu töten, ihn erheblich zu stören oder seine Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu beschädigen oder zu zerstören. Außerdem besteht ein Besitz- und Vermarktungsverbot. Bei Konflikten nehmen Sie bitte immer Kontakt mit dem zuständigen Landratsamt auf.
Der Biber in Lochmoos
Der Biber siedelt seit 2010 in der Gemeinde Schlier, unter anderem im nördlichen Teil des Lochmooses. Seitdem werden seine Aktivitäten in regelmäßigen Abständen kontrolliert, um Konflikte mit naturschutzfachlich hochwertigen Flächen, wie Streuwiesen und Niedermoorstandorten zu vermeiden bzw. Schäden zu minimieren. Im Sommer 2018 hat der Biber im Oberlauf des Schwarzenbachs (Lochmoos Süd) Dämme gebaut und sich dort dauerhaft niedergelassen.
Eine Wildtierkamera konnte im im Winter 2020 zwei Biber bei ihren nächtlichen Tätigkeiten filmen. Dauer des Videos: 00:35 Minuten.
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Das Biberrevier: Erläuterungen zu den einzelnen Elementen
Der Biberdamm
Der Biber baut Dämme, um den Wasserspiegel anzuheben, sodass beispielsweise der Eingang des Biberbaus immer unter Wasser liegt, um die Jungtiere vor Fressfeinden zu schützen. Oder aber, um sich selbst zu schützen. Der Biber taucht bei Gefahr gerne ab. Dazu benötigt er eine Mindestwassertiefe von etwa 80 cm. Außerdem schwimmt der Biber lieber und besser, als er läuft. Durch das Aufstauen des Wassers gelangt er leichter zu Nahrungsflächen (z. B. Gehölze) in größerer Entfernung. Im Wasser lässt sich auch das Holz beispielsweise für den Biberdamm leichter transportieren. Dieser besteht normalerweise aus einem Grundgerüst aus Ästen und Zweigen, die er mit Schlamm und Pflanzen abdichtet.
Der Biberbau
Der Biberbau ist vom unter Wasser liegenden Eingang über eine ansteigende Röhre erreichbar. Der sog. Wohnkessel befindet sich über Wasser. Der Biber nutzt seinen Bau zum Ruhen, Schlafen, Fressen und zur Aufzucht der Jungen. Es werden drei Arten von Biberbauten unterschieden:
- Der Erdbau wird vor allem in steile Uferböschungen – gerne unter Wurzelstöcken – gegraben und ist von außen kaum zu erkennen (kommt in Baden-Württemberg am häufigsten vor).
- Der Mittelbau entsteht durch die Abdeckung der Decke des Erdbaus mit Zweigen und Ästen, wenn die Uferböschung nicht steil und der Erdbau nicht stabil genug ist.
- Die eindrucksvollen, zum Teil über drei Meter hohen und über zehn Meter breiten Biberburgen (Hochbaue) legt der Biber nur dann an, wenn die Uferböschungen für andere Baue zu flach sind oder vom Biber bereits überstaut wurden.
Biberröhren
Der Biber gräbt in seinem Revier meist mehrere Röhren in die Böschungen, in denen er frisst, sich ausruht oder bei Gefahr zurückzieht. Der Eingang der Biberröhren liegt wie beim Biberbau immer unter Wasser.
Biberkanäle
Um schwimmend und in Sicherheit an weiter entfernte Nahrungsquellen bzw. -flächen zu gelangen und die Nahrung anschließend leichter abtransportieren zu können, legen Biber in flachem Gelände häufig ein dichtes System aus schmalen Kanälen an. Die Kanäle werden meist mit einem Damm geflutet.
Biberrutschen
Am Ufer entstehen sogenannte Biberrutschen. Das sind vegetationslose Ein- und Ausstiege, die der Biber regelmäßig nutzt, um vom Wasser an Land und wieder zurück zu kommen.
Biberpfade
Biberpfade sind durch die regelmäßige Nutzung an Land entstehende vegetationslose Wege, welche der Biber meist nutzt, um an Nahrungsflächen zu kommen.
Der Biber als Landschaftsarchitekt und seine Profiteure
Der Biber schafft als Baumfäller, Damm-, Burgen- und Höhlenbauer eine Strukturvielfalt, von der viele Arten profitieren. So finden zum Beispiel der Laubfrosch (Hyla arborea), der Eisvogel (Alcedo atthis) oder die Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens) durch die Dynamik der Kleinlebensräume einen Lebensraum im Biberrevier.
Totholz, das durch überstaute Flächen mit anschließend absterbenden Bäumen entsteht, bietet für viele weitere Arten einen Lebensraum. Darunter sind viele vom Aussterben bedrohte Käferarten wie der Rothalsige Linienbock (Oberea oculata), aber auch die Ringelnatter (Natrix natrix) fühlt sich in solchen Bereichen wohl.
Bibermanagement und Konfliktlösung
Werden durch das Aufstauen von Gewässern angrenzende Flächen vernässt oder überflutet, kann dies zu Konflikten mit Flächeneigentümern und -bewirtschaftern führen. Hier kann beispielsweise in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Biberberater eine Rohrdrainage in den Damm eingebaut werden. Dadurch wird der Wasserspiegel auf ein Niveau gesenkt, bei dem die anliegenden Flächen wieder bewirtschaftet werden können.
Im Winterhalbjahr ist der Biber vermehrt auf Rinde und Zweige von Bäumen als Nahrung angewiesen, da er kaum noch frische Kräuter findet. Deswegen kommt es in diesem Zeitraum vermehrt zum Annagen und zur Fällung von Bäumen. Dies kann wirtschaftliche Schäden verursachen oder die Verkehrssicherheit gefährden.
Nach Verständigung der Unteren Naturschutzbehörde können schnell Lösungen gefunden werden. Beispielsweise wird Maschendraht an Obstbäume angebracht, welcher einen sicheren Fraßschutz vor dem Nager bietet.
Werden z. B. Fichten durch den Biber geschält oder gar gefällt, kann ein Elektrozaun zwischen Gewässer und Wald installiert werden. Berührt der nasse Biber den Zaun, erhält er eine schmerzhafte Lektion, welche dafür sorgt, dass er zukünftig diese Gewässerseite meidet.