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Frühindustrie im Lauratal: Die Papiermühle Albisreute
Text: Dr. Lutz Dietrich Herbst, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart, Esslingen/Neckar 2021
Schlier und Albisreute nutzten die Wasserkraft der Scherzach. 1693 ließ der Weingartener Abt Willibald Kobold die unrentable Albisreuter Mahlmühle in eine Papiermühle umbauen. Mit ihr besaß das Benediktinerkloster als einziges in Oberschwaben sogar zwei Papiermühlen. Die andere stand in Karbach bei Wangen. Dank des hier austretenden reinen Quellwassers konnte dort der Papierer Johann Geiger aus Lumpenstoff und Flachsstroh feinstes Kanzleipapier herstellen.
Nach Auflösung des Klosters 1803 belieferte die Papiermühle Albisreute die Evangelische Bibelanstalt Stuttgart mit Druckpapier für Bibeln. Bald jedoch stellten mechanische Papierfabriken Druckpapier als billige Massenware her. Für Betriebs- erweiterungen fehlte im Lauratal das Kapital. Nach einem Großbrand wurde die Papiermühle zwar 1848 erneut aufgebaut, unterlag jedoch der Konkurrenz. Der Umbau in eine chemische Kunstbleicherei scheiterte mangels Interessenten. In der Not wurden 1870 die beheizbaren Papierbütten an das Weingartener Militär verpachtet: eine Großwäsche für Bettzeug!
Der Einbau einer Pappenmaschine und die Zunahme von Altpapier belebten die Mühle um 1900 neu. Unter dem Ravensburger Druckereibesitzer Aubert Ulrich lieferte die Pappenmühle nun Buchbinderpappe für Buchdeckel bis nach Stuttgart. Mit seinem Tod 1939 endete das traditionsreiche Papiergewerbe im Lauratal. Nach Kriegsende fanden hier Ausgebombte eine neue Heimat. 1960 erwarb Paul Urban das Anwesen und richtete den Geflügelhof Lauratal ein. Familie Urban betreibt ihn in nunmehr vierter Generation.