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Bauernstrom und Braunkohle: Energie aus Schlier
Text: Dr. Lutz Dietrich Herbst, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart, Esslingen/Neckar 2021
Der Erste Weltkrieg führte zum Verlust der wichtigsten deutschen Steinkohlereviere. Deutschland erlebte eine Energiekrise. Wasserkraft war das Gebot der Stunde. Zunächst erweiterte der Ravensburger Postkartenverleger Aubert Ulrich um 1920 die Wasserkraft seiner Pappenmühle im Lauratal um ein weiteres Turbinenkraftwerk wenige hundert Meter unterhalb derselben. Von diesem zeugt heute noch dessen Ruine an der Scherzach.
Weitere Spuren des damaligen Wasserkraft-Booms birgt der Zundelbacher Tobel. Dort überwand eine Druckrohrleitung die etwa 50 m hohe Tobelflanke. Die geringe Menge des vorhandenen Oberflächenwassers sowie verschiedene Hangrutsche ließen auch dieses Kraftwerk unrentabel werden.
In Erbisreute erzeugte nach 1924 die dortige Wasserkraftgenossenschaft Erbisreute m.b.H. mit einem kleinen Turbinenkraftwerk am Stillen Bach 17 PS. Ebenso profitierten Katz- heim und Wetzisreute von weiteren Kleinstwasserkraftwerken. Nur wenige Jahre lang rentierte sich die Investition. Dann löste die überregionale Stromversorgung der kommunalen Oberschwäbischen Elektrizitätswerke sämtliche Bauernkraftwerke ab. Deren Privatbetrieb wurde in der NS-Zeit sogar gesetzlich verboten.
Doch schon vor dem Ersten Weltkrieg war Heizmaterial knapp. Presstorf galt vom 17. Jahrhundert an in Oberschwaben als günstiger Brennstoff. Hofbesitzer Weißenbach aus Starental bei Erbisreute pries 1865 den torfigen Untergrund des früheren klösterlichen Fischweihers in der Zeitung sogar als „Braunkohlenlager“ für Schmiedefeuer an. 800 Zentner des um ein Drittel billigeren Heizmaterials habe er bereits getrocknet. Zahlreiche Moore verschwanden so in den Öfen der Häuser, Dampfmaschinen und Lokomotiven.
Bildergalerie
Kleines Wasserkraftwerk zur Erzeugung von elektrischem Licht und Kraft am Dietenbach (Furtbach) in Wetzisreute
Information: Werner Leitenberger
Es handelt sich dabei vermutlich um das erste und einzige Triebwerk zur Erzeugung von elektrischem Licht und Kraft am Dietenbach (Furtbach) in Wetzisreute (auf Parzelle 288), das 1927 in Betrieb ging. Das Baugesuch wurde 1923 gestellt.
Aus einem Sammelweiher am Furtbach, unmittelbar nach der heutigen L325, wurde über einen Kanal das angestaute Wasser einem Oberschlächtigen Wasserrad mit 30 Schaufeln und 2,8 m Durchmesser zugeführt. Mittels Generator konnten Strom für elektrisches Licht erzeugt und über Seiltransmission landwirtschaftliche Maschinen angetrieben werden. Die maximale Kapazität betrug 4 PS (abzüglich Wirkungsgrad) über die Dauer von 2 Stunden.