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Vom Schneiteln und Sneiten
Text: Alexander Ott
Das Wort „schneiteln“ kommt heute nicht mehr oft vor. Es ist verwandt mit dem mittelhochdeutschen „sneyteln“ oder „sneiten“, also „schneiden“. Dies sagt schon einiges über die Nutzung der „Schneitelbäume“ aus. Es handelt sich um Bäume, die regelmäßig geschnitten wurden, um deren Zweige, Äste oder Laub zu nutzen. Die Schneitelbäume wurden früher häufig in Reihen oder Gruppen gepflanzt, da man so viele Bäume in kurzer Zeit „schneiteln“ konnte.
Weshalb wurden Bäume geschneitelt?
Bäume waren schon immer für den Menschen von Nutzen. Mit der einsetzenden Verlagerung der Lebensgewohnheiten der Menschen vom Jagen und Sammeln hin zum Sesshaftwerden nahm auch die Nutzung der Bäume und des Waldes über die Jahrhunderte hinweg stetig zu: Der Rohstoff Holz wurde in immer größerem Umfang benötigt. Schneitelbäume boten gleich drei mögliche Nutzungen für den unmittelbaren Gebrauch. Zunächst wäre die Verwendung als Brennholz zu nennen. Das Feuer im Herd diente früher zum Kochen und im Winter als zentrale Wärmequelle. Zu Zeiten, als die Häuser noch ohne Kamin waren, verteilte sich Rauch im Gebäude und verhinderte zudem, dass sich Schädlinge an den Holzbalken des Hauses zu schaffen machten. Die zweite Möglichkeit bestand darin, die Äste als Flechtmaterial zu verwenden und daraus z. B. Weidenkörbe herzustellen. Das Laub der Eschen, Haseln oder Hainbuchen diente nicht zuletzt als Einstreu im Stall oder für das Vieh als „Laubheu“ – in Zeiten der Not eine sehr wichtige Futterquelle.
Warum heute noch schneiteln?
Schneitelbäume waren in Oberschwaben ein typisches Kulturlandschaftselement. Leider wird die traditionelle, zeitintensive Nutzung in der modernen Landwirtschaft kaum noch praktiziert, was auch das Landschaftsbild nachhaltig verändert (hat). Noch bedeutender ist jedoch auch deren biologische Funktion: Sie sind ein einzigartiger Lebensraum für (seltene) Tiere. Durch den häufigen Schnitt bilden sich Asthöhlen – ideal für höhlenbrütende Vögel, wie z. B. den Steinkauz. Auch finden Käfer und Insekten Zuflucht und Nahrung in den Bäumen.