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Heilmittel, Luxusgut und Fastenspeise: Fisch aus dem Klosteramt Schlier
Text: Dr. Lutz Dietrich Herbst, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart, Esslingen/Neckar 2021
Etwa 30 Weiher wies das frühere Klosteramt Schlier auf. Doch nur ein Drittel von ihnen nutzten die Benediktiner vom Kloster Weingarten zur Fischzucht. Andere dienten der Wasserspeicherung oder der Zubereitung von Flachs.
Fische haben weitaus mehr Nachwuchs als Säugetiere, Hühner oder Enten. Auch muss Fisch in Weihern nicht gefüttert und getränkt werden. Angesichts der gewaltigen Fischproduktion des Klosters und seiner adligen wie auch städtischen Nachbarn war der Verzehr des eiweißreichen Fisches keineswegs auf Fastenzeiten und -tage beschränkt. Fisch aus dem Ravensburger Hinterland kaufte auch das protestantische Zürich! Keineswegs war also Fisch eine reine Fastenspeise und dies die Ursache für den Aufschwung der Weiherwirtschaft.
Wer im 14. Jahrhundert die Seuchen überlebt und Kapital geerbt hatte, befand sich in einer sehr guten wirtschaftlichen Situation. Dies erhöhte den Bedarf und trieb die Preise für Fisch hoch. Zudem sich Karpfen, Hechte und Forellen leicht schlachten und vor ihrer schnellen Zubereitung noch in kleinen Brunnenbecken frisch halten ließen. Deshalb flutete das Kloster Weingarten auch die Senken von Schattbuch, Katzheim und Starental und sanierte sich mit dem Verkauf von Fisch bis nach Tirol.
Erst der Boom an Mehlspeisen und der Anstieg der Getreidepreise ließen zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert viele Weiher trockenlegen. So verlor auch Schlier sämtliche rein zur Fischzucht angelegten Weiher zugunsten des Wiesen- und Ackerbaus. Wasserkraftspeicher wie der Rößlerweiher überlebten. Der Hintere Truchsessenweiher und der Lanzenreuter Weiher wurden erst wieder in den 1970er-Jahren aufgestaut.